gesetzlosen wappen

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Bon Jovi verbanden das überhitzte Spiel, die Neigung zu ausgedehnten Soli und die Publikums-Anmache einer Heavy Metal-Band mit dem Spaß und harmlosen Überschwang einer Teenybopper-Gruppe. Ihre Vokalharmonien borgten eher bei den Beatles als bei Queen, in den Gitarrensoli ließen sie Led Zeppelin oder Steve Miller anklingen, im Balladengesang imitierten sie die rauhbeinige Romantik Bruce Springsteens. "Sie bemühten sich nie, eine eigenständige Metapher zu finden, wenn es auch mit einem Klischee ging", tadelte die "New York Times": "Es ist doch etwas anderes, ob man auf der Vergangenheit des Rock aufbaut oder, wie Bon Jovi, sie einfach nur in einer hübschen Verpackung verscherbelt." Bandleader Jon Bon Jovi (voc), bürgerlich: John Francis Bongiovi, am 2. März 1962 in Perth Sayreville, New Jersey, geboren, Richie Sambora (g), Alec John Such (bg), David Bryan (kb), bürgerlich: David Rashbaum, Tico Torres (dr) hatten sich jahrelang mit musikalischen Gelegenheitsjobs durchgeschlagen, bevor sie 1983 in New Jersey zueinander fanden und Billy Squier sich bereitfand, ein Demo-Band zu produzieren. Der Song Runaway weckte das Interesse lokaler Radiosender und brachte den Musikern einen Vertrag mit Polygram ein. Die Attraktion der Gruppe war zweifellos der "Heavy Metal-Herzensbrecher" ("Time") Jon Bon Jovi, der seine Attraktivität für ein jugendliches Publikum auch in dem Film "Footloose" zu nutzen wußte. Für die Boys und Girls seiner Fangemeinde, die längst über den harten Kern der Levi's & Leder-Brigaden hinausgewachsen war, stilisierte er sich so flauschig wie "eine Ginger Rogers, die sich mal dringend rasieren müßte" ("Q"), und führte sich "in kompetenter Belanglosigkeit" ("Village Voice") auf "wie ein Springsteen für das Mickey Mouse-Programm des Disney-Kanals" ("Libération"). Bon Jovi wurde beim dritten Album Slippery When Wet für seine Publikumsverbundenheit belohnt: Fans hatten aus 35 Titeln die endgültigen Stücke der LP ausgesucht, die sich seit 1986 weltweit über zwölfmillionenmal verkaufte und das meistverkaufte Rock-Album des Jahres 1987 wurde. Eine anschließende Tournee erbrachte bei 82 Konzerten 20 Millionen Dollar Kasse, ein Erfolg, der die Band schwindlig machte: "Wir fühlen uns wie auf einem Zug, der mit 120 Meilen die Stunde daherbraust. Und wir können einfach nicht abspringen." Wollten sie wohl auch nicht, veröffentlichten 1988 New Jersey und gingen abermals auf eine ausgedehnte Welttournee. Frontman Bon Jovi hatte dann vorerst genug und wollte keine weitere Bon Jovi-LP aufnehmen. 1990 spielte er in dem Western "Young Guns II - Blaze of Glory" und komponierte einen Großteil der Filmmusik, die er unter anderem mit Gitarren-Heros Jeff Beck aufnahm. 1992 formierte sich die Band wieder und veröffentlichte Keep The Faith: An Evening With ... Im Laufe der Jahre 1993 und 1994 wuchsen Ruhm und Marktwert der Band und ihres Vorsängers so gewaltig, daß sie zur Tournee 1995 den erfolgsgewohnten Alt-Rockern und Heavy Metal-Schwergewichten Van Halen als Headliner vor die Nase gesetzt wurden. Hinter Bon Jovi-Oberhaupt Bongiovi lagen zu dieser Zeit Monate harter Studioarbeit für das Album These Days, in deren Verlauf er Bassist Alec Such und Produzent Peter Collins in Ungnaden entließ. Für Such wurde der Studio-Crack Hugh MacDonald eingespannt, die Produktion übernahmen Gitarrist Sambora und Bongiovi selbst. "Dieses Album war eine schwere Geburt", resümierte der Sänger, "ich bin physisch und mental völlig ausgelaugt." Derartiger Fron mochte er sich so schnell nicht noch einmal aussetzen und verließ sich für weitere Alben lieber auf sich selbst. Destination Anywhere (1997) geriet etwas weniger bombastisch als die Alben mit der Band. Sechs Produzenten wurden bemüht, darunter der Pop-Champion David Foster (u.a. Barbra Streisand), Dave Stewart (Eurythmics) und Steve Lironi, der den Schlagzeug-Computer anwarf und auch Samples einbaute. Die stereotypen Rock-Klischees des Sängers und seine Texte, in denen Frauen "in ihren burgunderfarbenen Kleidern schöner aussehen als französischer Wein", in denen der Barde seiner großen Liebe ein "sandiger Strand" sein möchte, konnten alle sechs Producer kaum aufmöbeln. Schwer zu glauben, daß Jon in seiner Jugend "süchtig nach Bukowski-Texten" war, wie er in einer Songzeile behauptete. Das Album erreichte Platz zwei im United Kingdom, in den Vereinigten Staaten, mit dessen Präsidenten Bill Clinton er "ein sehr herzliches, entspanntes Verhältnis" reklamierte ("Wir sollten endlich akzeptieren, daß ein guter Blow Job eine wunderbare Sache ist"), nur Platz 31. Im Jahr 1999 habe er 60 neue Songs geschrieben, verriet Jon Bon Jovi Liz Smith von der "New York Post" - teils für Crush (2000) wieder mit Trivialzeilen à la "My heart is like an open highway", teils für ein weiteres Band-Album mit dem Arbeitstitel TBD. Aufnahmen von der Studioproduktion waren am 10. Januar 2000 (The Making of Bon Jovi 2000 - A Web Session Exclusive) unter www.bonjovi.com im Internet zu besichtigen, gekrönt von einem Internet Only Concert live aus seinem Home-Studio in New Jersey. Das Jahr 2000 verbrachte der "Julio Iglesias des Rock'n'Roll" ("Stern"), die "Institution für pathosgetränkten Soft-Hardrock" ("Tip") teils für den Unterseeboot-Actionfilm "U-571" im Studio, teils mit der Band on the road. Dem Auftritt in der ausverkauften Berliner Waldbühne, bei dem 20000 Fans trotz strömenden Regens It's My Life mitsangen, bescheinigte das Boulevardblatt "BZ" eine "ausgelassene Spielfreude der Band, wie man sie bei Superstars dieser Größenordnung selten sieht". Insgesamt konzertierte die Band 2000 in Europa, Japan und den USA vor rund einer Million Fans. Im Leserpoll des englischen Magazins "Smash Hits" wurde sie zum Best Rock Act gewählt, beim Barr Festival in Italien als Best International Act geehrt und von Viva Deutschland für ihr Gesamtwerk mit einem Kometen prämiert. Große Aufregung herrscht dann im Vorfeld des 2000er Album CRUSH, als man Jons Notizbuch klaut. In dieses Buch hat er bisher alle seine Songideen und Texte geschrieben. Nun war alles futsch. Ob es Zufall war oder ein durchgeknallter Fan lange Finger machte, konnte nicht geklärt werden. Obwohl CRUSH ein weiterer kommerzieller Erfolg wird, ist wenig Neues geboten. Lediglich der Song "It's my Life" stürmt die Charts. Die CD Crush plazierte sich in elf Ländern an der Chartspitze, erreichte in 22 Ländern Platin- oder Multiplatin-Auflagen, in weiteren 14 Ländern Gold. Weltauflage in den ersten acht Monaten: 6,5 Millionen.Mut zur Lücke beweist Bon Jovi mit seinem 2007er Album LOST HIGHWAY, welches sicherlich einsame Fernfahrerherzen auf ihren nächtlichen Fahrten höher schlagen lässt, aber auch nicht mehr. Angesichts des verkaufstechnischen Selbstläufers ist dies zumindest finanziell kaum ein Risiko.

 

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